Geschlechterreflektierte Pädagogik gegen Rechtsextremismus
Jugendliche und junge Erwachsene sind weiterhin eine relevante Zielgruppe für rechtsextreme Rekrutierungsversuche. Rechte Gruppen und Parteien bemühen sich, über die Verbreitung von jugendspezifischen Angeboten wie Schüler_innenzeitungen, Schulhof-CDs oder Web 2.0-Angeboten, Jugendliche für sich zu gewinnen.
Diese Ansprache rechter Gruppen an Jugendliche findet nicht geschlechtsneutral statt, sondern sie werden als Mädchen oder als Jungen angesprochen. Mit Parolen wie „Auch Mädels denken national!“ sollen explizit junge Frauen der Szene nahegebracht werden. Auch junge Männer werden geschlechtsspezifisch angesprochen, beispielsweise in dem Slogan „(R)echte Kerle packen an!“.
Der moderne Rechtsextremismus verspricht vermeintlich klare Antworten auf teilweise überfordernde und widersprüchliche geschlechtsbezogene Anforderungen, mit denen Jungen und Mädchen im Alltag konfrontiert sind. Im Rückgriff auf traditionelle Geschlechterbilder wird versucht, den widersprüchlichen und pluralen Anforderungen an Männer und Frauen in modernen Gesellschaften vermeintlich klare Modelle entgegen zu setzen, die so Attraktivität für Jugendliche entfalten können.
Geschlechterreflektierte Ansätze in der pädagogischen Arbeit gegen Rechtsextremismus sind vergleichsweise jung, bieten jedoch Chancen für die pädagogische Rechtsextremismusprävention. Geschlechterreflektierte Pädagogik unterstützt Jugendliche bei der Entwicklung vielfältiger Geschlechterbilder und eigener Individualität jenseits von starren Geschlechterzuschreibungen. Sie beinhaltet einen kritisch-bewussten Umgang mit geschlechtsbezogenen Haltungen und Werten – nicht nur bei den Schüler_innen, sondern auch bei den Pädagog_innen. Geschlechterreflektierte Pädagogik kann somit nicht nur ein gewinnbringender Ansatz in der Arbeit mit rechts-orientierten Jugendlichen sein, sondern v.a. auch in der Präventionsarbeit mit (noch) nicht-rechten Jugendlichen. Denn: wenn vielfältige Lebensweisen – nicht nur in Bezug auf Geschlecht – für Jugendliche ‚normal’ sind, kann dies ein wichtiger Beitrag zu einer Prävention von Rechtsextremismus und zugleich ganz allgemein eine wichtige Voraussetzung für ein gemeinschaftliches und demokratisches Miteinander im Alltag sein.
Vielfalt aufgreifen und fördern
Um Kinder und Jugendliche in ihrer Absage an extrem rechte Einstellungen zu stärken, gilt es, sie in der Auseinandersetzung mit den an sie gestellten Erwartungen und Anforderungen zu unterstützen. Darüber hinaus ist es Aufgabe von Pädagogik, eine demokratische Kultur erlebbar zu machen.
Dies beginnt bereits in der gemeinsamen Auseinandersetzung mit sexistischen, rassistischen und homophoben Beschimpfungen und Ausgrenzungen im pädagogischen Alltag. Eine demokratische Kultur in der Schule und anderen pädagogischen Settings braucht somit neben der Arbeit gegen rechtsextreme Einstellungen eine klare Positionierung für eine Vielfalt an Lebensweisen.